WALL-E - Der Letzte räumt die Erde auf

Kinoplakat WALL-E

Es wäre für das Studio Pixar einfach sich nur noch auf sichere Projekte zurückzuziehen und nur noch mittelmäßige Trickfilme zu produzieren. Deshalb möchte ich den Mut, immer wieder Neues auszuprobieren, an dieser Stelle ausdrücklich loben. Auch wenn nicht alle Filme der Trickschmiede gleichermaßen begeistern können.

Pixars neuer Trickfilm "WALL•E" ist eine Mischung aus Liebesgeschichte, Science-Fiction, Komödie und romantischer Komödie. Die Handlung will kaum in ein klassisches Genre passen. Im Mittelpunkt des Geschehens steht der kleine Roboter WALL•E (Waste Allocation Load Lifter Earth-Class). Er räumt auf, seitdem die Menschen vor 700 Jahren die Erde verließen. Dazu zieht er Müll in sich hinein, presst diesen zu einem Quader und stapelt diese Quader dann turmhoch auf. Ironischerweise hat er so ein ganzes Meer an Wolkenkratzern aus Müll geschaffen. In der langen Zeit hat der kleine Roboter Gefühle und eine Persönlichkeit entwickelt. Sein Zuhause ist ein alter LKW, in dessen Innern er Schätze sammelt: Unter anderem einen Zauberwürfel (Rubiks Cube), eine Glühbirne und eine Videokassette mit dem Musical "Hello, Dolly". Da ihm der Film als Vorbild dient, träumt er davon eines Tages Händchen zu halten.

Da Wall-E mit Solarstrom arbeitet, könnte er noch ewig so weitermachen. Doch seine Routine wird eines Tages jäh unterbrochen, als ein Raumschiff einen zweiten Roboter auf der Erde absetzt. Es ist EVE (Extra-terrestrial Vegetation Evaluator), die sofort damit beginnt die Landschaft per Laserstrahl abzutasten. WALL•E ist von EVE begeistert. Ihre elegante, weibliche Erscheinung hat es ihm angetan, doch die ersten Annäherungsversuche schlagen fehl, denn EVE ist sehr zielstrebig und mit einer Laserpistole bewaffnet, mit der sie alles aus dem Weg räumt, was sie als Hindernis oder Bedrohung einschätzt. Aber mit der Zeit kommt es zur friedlichen Annäherung und er zeigt ihr seine Welt. Eines Tages schenkt er ihr ein kleines grünes Pflänzchen, das er in einen alten Schuh eingetopft hat. Das löst bei EVE eine seltsame Reaktion aus. Sie verstaut die Pflanze in ihrem Innern und fällt in eine Starre. Wie ein schwebendes weißes Ei steht sie im Raum und WALL•E ist entsetzt. Er versucht alles, um EVE wieder zum Leben zu erwecken - doch sie reagiert nicht mehr und wartet darauf, von einem Raumschiff abgeholt zu werden.

Kritik

Es ist schwierig über "WALL•E" eine Kritik zu schreiben, die den vielen Aspekten gerecht wird. Ich werde versuchen die Punkte herauszustellen, die mir auffallen. Zur Animationstechnik gibt es fast nur das zu sagen, was man über jeden neuen Film von Pixar sagen kann: Die Technik hat wieder beeindruckende Fortschritte gemacht. Die kreativen Köpfe haben ihrer Technikverliebtheit weitgehend freien Lauf gelassen. Es gibt Roboter für alle möglichen Aufgaben: Transportieren, putzen, dienen und sogar Polizeiroboter. Die vielen technischen Details sorgen auch für Gags. So bekommt WALL•E den verdrehten Zauberwürfel nur eine Sekunde später gelöst zurück.

Der Film ist keine realistische Designstudie, wie das Jahr 2800 aussehen wird, vielmehr will Pixar den Eindruck des Möglichen schaffen. Die Roboter haben die Filmschaffenden absichtlich in ihren Ausdrucksmöglichkeiten beschränkt. So hat Wall-E keine Ellenbogen, weil er kein benötigt. Trotzdem zeigen die Roboter durch Reaktionen und Gesten eine erstaunliche Bandbreite an Ausdruck.

Obwohl die Handlung viel Komik bietet, fällt sie für einen Trickfilm ungewöhnlich ernst aus. Im Film haben die Menschen die Erde im 2110 verlassen, weil sie nur noch ein großer Müllhaufen war. Sie leben seit 700 Jahren auf dem Kreuzfahrtschiff und sind im Lauf der Zeit verkümmert. Jegliche Bewegungen wurden auf das Notwendigste reduziert. Das wird in einigen Momenten wirklich bitter. So fällt ein fetter Mann von seinem hydraulischen Stuhl und muss auf Roboter warten, die ihm wieder aufhelfen. Auch der Kapitän des Schiffes lässt sich lieber bis ans Steuerpult heranfahren, als den Arm auszustrecken. Als er ein Buch in die Hand bekommt, weiß er nicht, dass es aufgeschlagen werden muss. Die Seiten enthalten keinen Text, sondern nur Abbildungen - damit es auch Menschen im Jahr 2810 verstehen. In einer anderen Szene findet WALL-E eine Schatulle mit einem Edelsteinring. Er betrachtet den Ring kurz, wirft ihn weg und hebt die Schatulle auf, weil die sich auf- und zuklappen lässt. Derart stellt der Film die Frage nach Werten fast beiläufig und gibt teils bitterböse Seitenhiebe.

Gesprochen wird derart wenig, dass es auffällt. Das ist einerseits eine stimmige Entscheidung, weil die wenigen Worte dadurch mehr Gewicht bekommen und zwischen den Robotern beziehungsweise WALL-E und seinem besten Freund der Kakerlake keine Worte notwendig sind. Andererseits ist Pixars Entscheidung sehr mutig, denn es gibt dem kommerziellen Film einen deutlich unkommerziellen Beigeschmack.

Bei "Ratatouille" hatte ich spontan den Gedanken, am liebsten gleich nochmal sehen. Bei "WALL-E - der Letzte räumt die Erde auf" verließ ich den Kinosaal mit gemischten Gefühlen. Sicherlich ist es möglich den Film einfach als lustiges Trickspektakel zu sehen - doch die Fingerzeige sind zu deutlich, um einfach darüber hinwegzugehen. Das beginnt bei der Erde als unbewohnbarem Müllhaufen. Es geht weiter mit den verblödeten Menschen und es ist bitter, dass es einen Roboter braucht, um die Menschen wachzurütteln.

Hinzu kommt, dass einige Entscheidungen verwundern. WALL•E Er ist nicht der klassische Roboter, der seine Menschlichkeit entdeckt (I, Robot), sondern eine Maschine die Emotionen entwickelt hat. Bei der Beziehung zu EVE ist mir nicht klar, ob er Gefühle zu ihr entwickelt, oder nur das nachspielt, was ihm die Menschen im Video vorleben? Kurz gesagt: Einerseits ist WALL•E ein Roboter, andererseits zeigt er menschliches Verhalten und Gefühle. Ist er nun oder ist er nicht?

Fazit
Es ist kaum möglich allen Details und Aspekten gerecht zu werden. Des Weiteren kann ich das Gesehene nur deuten und nicht bei Pixar nachfragen, ob meine Einschätzung das wiedergibt, was die Filmemacher ausdrücken wollen. Vorsichtig gesprochen ist "WALL•E" ein ernster Film, der nicht immer ganz rund ist und weniger Unterhaltung für die ganze Familie bietet als vielmehr Erwachsene ansprechen möchte.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 70 %


Original Filmtitel: WALL·E
Land: USA
Jahr: 2008
Laufzeit ca.: 98
Genre: AbenteuerAnimationFamilieScience-Fiction
Verleih: Walt Disney
FSK-Freigabe ab: 0 Jahren

Kinostart: 25.09.2008
Heimkino: 05.02.2009

Regie: Andrew Stanton
Drehbuch: Andrew Stanton • Jim Reardon • Pete Docter

Produktion: Jim Morris
Szenenbild: Ralph Eggleston
Kamera: Jeremy Lasky
Musik: Thomas Newman
Schnitt: Stephen Schaffer

Anzeige

Kinoplakat WALL-E Film kaufen bei Amazon.de
Als Amazon-Partner verdient Moviewolf.de an qualifizierten Verkäufen.

Bild: Walt Disney

1 customer review

gut
25.09.08
Show more
Loading...
Wir benutzen Cookies
Wir nutzen Cookies und Skripte. Durch "Akzeptieren" stimmst Du der Verwendung zu. Durch "Ablehnen" stimmst Du nicht zu und es kann zu Dysfunktionen kommen.