Zwei Männer, zwei Karrieren in zwei Staaten und eine Frau, die sie verbindet. Drei Jahrzehnte der jüngeren deutschen Geschichte bilden die Bühne für den Künstler und den Verbrecher, deren verschränkte Lebenswege eine Schicksalslinie ergeben.
Im Mittelpunkt stehen drei Jahrzehnte aus dem Leben des späteren Künstlers Kurt Banert, der vor dem Zweiten Weltkrieg geboren wird und in der DDR erste Erfolge feiert. Mit seinem Leben verknüpft ist das von Professor Seeband. Ein Mitläufer, dem es gelingt in verschiedenen Regimen Karriere zu machen.
Als kleiner Junge muss Kurt mitansehen wie in Deutschland die Nazis die Macht ergreifen. Und er erlebt die Umsetzung einer ihrer Wahnvorstellungen. Weil bei seiner geliebten Tante Elisabeth May (Saskia Rosendahl) Schizophrenie diagnostiziert wird, endet ihr als unwert eingestuftes Leben früh. Über sie richtet der Frauenarzt Professor Seeband (Sebastian Koch), der leichter Hand entscheidet.
Jahre später ist der Krieg beendet und Kurt gelingt in der jungen DDR der Sprung vom Schildermaler zum Kunststudenten. An der Akademie lernt er Ellie Seeband (Paula Beer) kennen. Sie ist die Tochter des Professors, dem sein Können das Leben gerettet hat und der in der russischen Führung einen mächtigen Freund finden konnte. Der hält eine schützende Hand über ihn und Seeband treibt seine Karriere voran. Dem ehrgeizigen Mann ist Kurt (Tom Schilling) nicht gut genug für seine Tochter. Doch der Plan, einen Keil zwischen die junge Beziehung zu treiben, misslingt.
Als Seeband nicht länger gedeckt werden kann, reist das Ehepaar in den Westen aus und der Professor nimmt in der Bundesrepublik eine leitende Position ein. Bald darauf verlassen auch Ellie und Kurt, der mittlerweile eine beginnende Karriere vorweisen kann, die Deutsche Demokratische Republik. Im Westen ist es mühsam Fuß zu fassen. Ellie findet Arbeit in einer Fabrik und Kurt nimmt ein zweites Studium auf. Er ist voll und ganz mit der Selbstfindung beschäftigt, während sein Schwiegervater ihn weiterhin verachtet.
Kritik
Der Film von Florian Henckel von Donnersmarck erzählt lange und viel, deckt einen Zeitraum von ungefähr drei Jahrzehnten ab. Die Konzentration liegt auf zwei Figuren, deren Lebenswege weniger miteinander verknüpft sind als vielmehr parallel laufend. Trotz der Konzentration auf wenige Figuren erfährt der Zuschauer wenig über sie. Kurt sucht in erster Linie nach seiner Wahrheit, also nach sich selbst. Er schließt in dem langen Zeitraum keine Freundschaften, hat Kommilitonen an der Kunstakademie, die Randfiguren bleiben. Seine Ehefrau Ellie hatte in der DDR ebenfalls studiert und arbeitet im Westen als einfache Näherin. Eine bittere Pille, die die Handlung nicht thematisiert. Das ist kein Einzelfall. Die Seitensprünge des Professors fallen ebenso unter den Tisch wie brisante Details. Beispielsweise ist Seeband Lebensretter und Scharfrichter in einer Person. Das ergibt zu meinem Erstaunen keinen Zweispalt. Der Mann macht in verschiedenen Staatsformen Karriere und legt die Überlegung nahe, ob die Systeme unterschiedlich heißen und ähnliche Mechanismen verwenden? Heiße Eisen will der Film jedoch nicht anfassen.
Die Erzählung geht mit leichter Hand dahin, ruft Schlüsselszenen auf und vermeidet gerne, was belastend sein könnte. Leider fallen damit Chancen wie etwa Tiefgang weg. Da die nahe liegende Entlarvung des Verbrechers Seeband im Film nicht vorkommt, bleibt die Handlung ohne dramatischen Höhepunkt, geht gleichförmig dahin. Sie kann, ohne polemisch sein zu wollen, als schöngeistige Betrachtung bezeichnet werden. Zu dieser Annahme passt, dass der Film viel Wert und Zeit auf die Phase der künstlerischen Selbstfindung des Hauptdarstellers legt. Er vergisst auch die Verbeugung vor einem deutschen Künstler mit Hut nicht. Räumt dem Mann, den er nicht Beuys nennt, viel Zeit zum Philosophieren ein, etwa darüber wie er seine Wahrheit fand, die mit Fett und Filz zusammenhängt.
Gegen Filmende heißt es sinngemäß, dass der junge Künstler über seine Kunst "nichts zu sagen hat". Was im weiteren Sinn auch den Film betrifft. Florian Henckel von Donnersmarck nutzt das Medium des erzählenden Films, um seine Figuren zu begleiten und nicht, um sie auszuleuchten. Den analytischen Blick, den Tante Elisabeth zu Filmbeginn anbringt, nutzt der Regisseur nicht. Im Ergebnis fehlt eine Verankerung und die Geschichte erscheint herausgegriffen. Die Darsteller liefern gute Arbeit ab, wie die restlichen Handwerker des Films auch. Für zu viele Schauspieler heißt es jedoch, dass dabei gewesen zu sein ausreichen muss.
Fazit
Der Film "Werk ohne Autor" erzählt handwerklich solide und ambitioniert ein Stück deutscher Geschichte, ohne eine Familienchronik zu sein. Wobei das Handwerk seine große Stärke ist. Wer keine Offenbarung erwartet, kann den Film gut im Kino genießen. Wer auf die Ausstrahlung als Fernsehfilm wartet, macht auch nichts falsch.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 70 %
Jahr: 2018
Laufzeit ca.: 188
Genre: Historie • Krieg • Krimi • Spielfilm
Verleih: Walt Disney
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren
Kinostart: 03.10.2018
Heimkino: 04.04.2019
Regie: Florian Henckel von Donnersmarck
Drehbuch: Florian Henckel von Donnersmarck
Schauspieler: Tom Schilling (Kurt Barnert) • Sebastian Koch (Professor Carl Seeband) • Paula Beer (Ellie Seeband) • Saskia Rosendahl (Elisabeth May) • Oliver Masucci (Professor Antonius van Verten) • Ina Weisse (Martha Seeband) • Evgeniy Sidikhin (Major Murawjow) • Mark Zak (Dolmetscher Murawjow) • Bastian Trost (Hausarzt Dr. Franz Michaelis) • Hans-Uwe Bauer (Professor Horst Grimma) • Hanno Koffler (Günther Preusser) • David Schütter (Adrian Schimmel / Finck) • Hinnerk Schönemann (Werner Blaschke) • Jeanette Hain (Waltraut Barnert) • Jörg Schüttauf (Johann Barnert) • Johanna Gastdorf (Großmutter Malvine) • Florian Bartholomäi (Günther May) • Jonas Dassler (Ehrenfried May) • Ben Becker (Vorarbeiter Otto) • Lars Eidinger (Heiner Kerstens) • Rainer Reiners (Herr Rebernik)
Produktion: Florian Henckel von Donnersmarck • Jan Mojto • Quirin Berg • Max Wiedemann
Szenenbild: Silke Buhr
Kostümbild: Gabriele Binder
Maskenbild: Maurizio Silvi
Kamera: Caleb Deschanel
Ton: Matthias Richter
Musik: Max Richter
Schnitt: Patricia Rommel • Patrick Sanchez Smith
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{joomplucat:460 limit=3|columns=3}Bilder: Walt Disney