Im sommerlichen Zeltlager erlebt Tobi eine turbulente Zeit. In der werden seine Gefühle herausgefordert und er lernt zu sich selbst zu stehen.
Homosexualität hat derzeit Konjunktur auf der Leinwand. In Hollywood-Produktionen tritt gerne der schwule Freund auf. Ansonsten siedeln Homosexuelle am Rand der Gesellschaft ("Monster") oder sie dienen als Grundlage für abgedrehte Komödien ("Mambo Italiano" beziehungsweise Trashdramen wie "La Mala Educación". Zeit, Homosexualität aus einem etwas normaleren Blickwinkel zu betrachten. Nach dem beachtlichen Erstling "Ganz und Gar" wagt Regisseur Marco Kreuzpaintner eine einfühlsame Betrachtung des Themas Coming-out.
Tobi (Robert Stadlober) und Achim (Kostja Ullmann) sind die besten Freunde. Das geht soweit, dass sie gemeinsam im Bootshaus balgen und onanieren. Im Sommerzeltlager bleiben Tobis Hoffnungen auf eine weitere Annäherung unerfüllt. Achim hat nur seine Freundin Anke im Kopf. Tobi wiederum zeigt wenig Interesse für seine Freundin Sandra (Alicja Bachleda-Curus) und deren zaghaftes Locken.
Als am anderen Seeufer die Queerschläger ihr Lager aufschlagen, wird aus dem Pausenclown Tobi ein nachdenklicher Typ. Die Queers (englisches Schimpfwort für Homosexuelle) machen sich einen Spaß daraus, mit den Ängsten der heterosexuellen Jugendlichen zu spielen. Für Tobi kommt der Moment der Wahrheit, denn eigentlich ist sein Platz am anderen Ufer.
Kritik
In sensiblen Bildern schildert Marco Kreuzpaintner ohne Pathos ein einfühlsames Porträt der Zeit des jugendlichen Sturms und Drangs. Die Thematik Homosexualität steht im Mittelpunkt, ist aber nicht das ausschließliche Thema. Der erste Kuss, der erste Sex, aufbrausende Gefühle und jede Menge Unsicherheit, die es zu überspielen gilt. Es ist eine schwierige Phase für alle Heranwachsenden. Am härtesten trifft es den Jungen, der auf einen Baum klettert, um das Mädchenlager zu beobachten. Der Spanner wird entdeckt und schließt den Reißverschluss der Hose zu hastig - woraufhin die Mädchen dem Verletzen helfen müssen.
Tobis Coming-out ist nicht nur für ihn selbst ein harter Brocken. Auch der Rest der Gruppe gerät in derartige Turbulenzen, dass nur noch ein Gewitter die Atmosphäre reinigen kann. Dabei wirkt die Dramatik stellenweise überzeichnet. Welcher Junge würde nach dem Kuss eines Schwulen in wilder Flucht im Wald verschwinden? Die Homos gehen auffällig locker mit der angespannten Situation um und erheben es zum Sport die Heteros zu ärgern.
Die großen Verdienste von "Sommersturm" liegen in der Umsetzung. Ein gutes Timing sowie eine gelungene Kameraführung sorgen für die Optik. Glaubwürdige Dialoge, Situationskomik und ein Blick fürs Detail machen den Film rund. Die Jugendherbergs-Stimmung schwappt von der Leinwand direkt in den Kinosaal. Dafür sorgen nicht zuletzt die Darsteller. Neben den üblichen Verdächtigen wie Robert Stadlober als Tobi, sticht vor allem Jürgen Tonkel als Trainer Hansi hervor. Insgesamt ist "Sommersturm" mehr als ein übliches Teenager-Drama.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 80 %
Jahr: 2004
Laufzeit ca.: 98
Genre: Drama • LGBT • Romantik
Stichwort: Coming of Age • gay
Verleih: X Verleih
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren
Kinostart: 27.05.2021 • 02.09.2004
Heimkino: 04.03.2005
Regie: Marco Kreuzpaintner
Drehbuch: Thomas Bahmann • Marco Kreuzpaintner
Schauspieler: Robert Stadlober (Tobi) • Kostja Ullmann (Achim) • Jürgen Tonkel (Hansi) • Miriam Morgenstern (Sandra) • Alicja Bachleda-Curus ) • Anke ) • Angelika Brennfleck (Thea) • Josefine Müller (Claudia) • Joseph M'Barek (Ferdinand) • Tristano Casanova (Georg) • Roman Storm (Günther) • Jeff Fischer (Flasche) • Johannes Franke (Martin)
Produktion: Jakob Claussen • Uli Putz • Thomas Wöbke
Szenenbild: Heike Lange
Kostümbild: Anke Winckler
Maskenbild: Verena Weißert • Susanne Woerle-Jiritano
Kamera: Daniel Gottschalk
Musik: Matthew Caws • Niki Reiser
Schnitt: Hansjörg Weißbrich
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Bild: X Verleih