Bobby

Kinoplakat Bobby

Der Film "Bobby" erzählt davon, wie 22 völlig unterschiedliche Menschen den Tag vor der Ermordung Robert Kennedys verbringen: über ihre Hoffnungen und Träume, Sehnsüchte und Wünsche, Probleme und Auseinandersetzungen, und ihre ganz persönlichen Tragödien, die alle irgendwie mit Robert Kennedy zu tun haben. Und die angesichts dieser nationalen und internationalen blutigen Tragödie dann doch verblassen.

Der Film "Bobby" ist ein Film von Emilio Estevez, der als Autor, Regisseur und Darsteller verantwortlich zeichnet. Estevez ist ein ebenso beeindruckendes wie bewegendes und ambitioniertes Werk gelungen, das eine der dunkelsten Stunden der amerikanischen Geschichte nachzeichnet. Eine Bluttat, die 1968 nach der Ermordung von John F. Kennedy und Martin Luther King, auch noch den dritten und letzten Hoffnungsträger für eine friedlichere Welt grausam auslöschte.

Es ist der Morgen des 4. Juni 1968. Heute finden in Kalifornien die Präsidentschaftsvorwahlen statt: wer diese Wahlen gewinnt, hat die besten Aussichten, von der Demokratischen Partei zum Präsidentschaftskandidaten ernannt zu werden. Im altehrwürdigen Ambassador Hotel in Los Angeles geht es bereits rund. Die Mannschaft von Senator Robert F. Kennedy hat hier vorübergehend das Hauptquartier eingerichtet, und hier wird Kennedy abends seine Siegesrede halten, wenn er gewinnt. Doch noch geht alles drunter und drüber, weil es einen Feueralarm gab, der sich allerdings im Nachhinein als falsch erwies. Die teilweise illustren Gäste können wieder in ihre Zimmer zurück. Paul Ebbers (vorzüglich wie immer: William H. Macy, bekannt aus "Final Call"), der Hotel-Manager, ist froh, dass seine Belegschaft wieder zur Tagesordnung und zu den Vorbereitungen für den großen Tag übergehen kann. In der Küche herrscht bereits Hochbetrieb. Hier arbeiten hauptsächlich Mexikaner, die für diesen Tag vom Küchenboss Timmons (unsympathischer Fiesling: Christian Slater, bekannt aus "Alone in the Dark") ohne Ankündigung zu einer Doppelschicht eingeteilt wurden. Besonders sauer darüber ist der junge Küchenhelfer Jose (absolut überzeugend: Freddy Rodriguez, bekannt aus "Das Mädchen aus dem Wasser"), weil er genau für diesen Tag zwei der begehrten Karten für das Baseballspiel der Dodgers gekauft hat. John Casey (wunderbar wie immer: Anthony Hopkins, bekannt aus "Alexander") steht über diesen Dingen. Der ehemalige Portier des Ambassador, der im Laufe seines Lebens hier sämtliche Berühmtheiten dieser Welt begrüßt hat, befindet sich zwar schon einige Zeit im Ruhestand, kehrt aber jeden Tag zurück in "sein" Hotel. Vor einem Jahr ist seine Frau gestorben, und nun ist das Hotel sein Zuhause. Hier beobachtet er die inzwischen nicht mehr ganz so prominenten Gäste und spielt Schach mit seinem langjährigen Freund Nelson (zu Herzen gehend: Harry Belafonte).


Jimmy (köstlicher Jungspund: Brian Geraghty) und Cooper (ebenso köstlicher Jungspund: Shia LaBeouf, bekannt aus "Constantine" und "I, Robot") gehören zu den freiwilligen Wahlhelfern des Kennedy-Tross. Heute interessieren sie sich allerdings mehr für einen Flirt mit der reizenden Bedienung Susan (wirklich reizend: Mary Elizabeth Winstead, bekannt aus "Black Christmas"), und dafür, wo sie ihren nächsten Joint herbekommen. Küchenchef Timmons hat zu wenig Leute für den großen Tag und hat deshalb den Anwesenden untersagt zur Wahl zu gehen. Das erfährt Manager Ebbers. Er zwingt Timmons dazu, die Leute wählen zu lassen, und feuert ihn wegen Rassismus. Timmons ist empört, muss sich aber fügen. Dabei hat Ebbers, der eigentlich ein sehr ehrlicher Mann ist, selber Dreck am Stecken. Der verheiratete Mann unterhält seit Längerem ein Verhältnis mit der attraktiven Telefonistin Angela (hübsch aber berechnend: Heather Graham, bekannt aus "From Hell"), die sich von dieser Liaison berufliche Vorteile verspricht.

Vorteile verspricht sich von diesem Tag die Barsängerin Virginia Fallon (erstklassig: Demi Moore, bekannt aus "3 Engel für Charlie – Volle Power"). Sie hat heute ihren letzten Auftritt und soll anschließend den hoffentlich siegreichen Senator Kennedy auf der Siegesparty präsentieren. Virginia, die Alkohol mehr liebt als alles andere, eingeschlossen ihren leidgeprüften Ehemann Tim (armer Kerl: Emilio Estevez, Regisseur und Drehbuchautor) und ihren Hund, erhofft sich von diesem Auftritt einen Schub für ihre Karriere, die nur noch so dahin dümpelt. Die junge Journalistin Lenka (unglaublich hartnäckig: die russische Schauspielerin Svetlana Metkina) ist extra für diese Wahl aus der Tschechoslowakei angereist. Sie hofft auf ein Exklusivinterview mit Bobby Kennedy und würde alles dafür tun. Doch der versierte Wahlhelfer Wade (sehr professionell: Joshua Jackson) lehnt das Ansinnen ab, weil Lenka für ihn Kommunistin ist.

Im Friseursalon des Hotels kümmert sich die Chefin Miriam (vorzüglich: Sharon Stone, bekannt aus "Broken Flowers") um die junge Kundin Diane (introvertierte Gut-Frau: Lindsay Lohan, bekannt aus "Freaky Friday - Ein voll verrückter Freitag"). Diane will heute den jungen William (unbeholfener Bräutigam: Elijah Wood, bekannt aus "Der Herr der Ringe - Die Gefährten" und "Sin City") heiraten, allerdings nicht aus Liebe, sondern weil sie ihren ehemaligen Klassenkameraden damit vor einem Einsatz in Vietnam bewahren will. Für Miriam stellen sich solche Probleme nicht, sie ist seit vielen Jahren mit Hotel-Manager Ebbers glücklich verheiratet, wie sie zumindest glaubt.

Vor dem Hotel instruiert Wade noch einmal die freiwilligen Wahlhelfer, die auch heute noch ihr Bestes geben sollen, um möglichst viele Stimmen zu gewinnen. Wahlhelfer Dwayne (voller Leidenschaft: Nick Cannon, bekannt aus "Darf ich bitten?") ist totensauer, denn er hat den Verdacht, dass die Wahlen zu Ungunsten von Kennedy behindert werden. Jimmy und Cooper sollen heute eigentlich in den Schwarzenvierteln auf Stimmenfang gehen, aber sie begeben sich lieber im Hotel zum Zimmer eines Hippie-Dealers (kaum zu erkennen: Ashton Kutcher, bekannt aus "So was wie Liebe") um für Joint-Nachschub zu sorgen. Doch der Dealer überredet die beiden zu einem Trip mit der brandneuen Droge LSD, was ungeahnte Folgen hat.

Der Börsenmakler Jack Stevens (feiner alter Herr: Martin Sheen) reiste mit seiner Frau Samantha (Society-Lady ohne Selbstbewusstsein: Helen Hunt) extra für die Kennedy-Wahlparty aus New York an. Samanthas Sorge gilt einzig den zum Abendkleid passenden Schuhen, die sie vergessen hat einzupacken, während ihr Mann, der seine Frau abgöttisch liebt, mit schweren Depressionen zu kämpfen hat. Inzwischen macht sich Angela wieder einmal auf den Weg in eines der Hotelzimmer, um dort ein trautes Tete-à-Tete mit Ebbers zu verbringen. Im Aufzug wird Timmons auf die hübsche Blondine aufmerksam und folgt ihr unbemerkt. Als er entdeckt, dass sie zu einem Stelldichein mit Ebbers geht, der ihn gerade so unfreundlich gefeuert hat, rächt er sich: er erzählt dessen Frau Miriam brühwarm seine Entdeckung. Als Ebbers vor dem großen Kennedy-Auftritt zu seiner Frau in den Salon geht, um sich noch die Haare schneiden zu lassen, empfängt sie ihn mehr als kühl und konfrontiert ihn mit dem Seitensprung. Was weder Timmons noch seine Frau wissen: Ebbers hat heute mit Angela Schluss gemacht, was diese immerhin zu ein paar zerdrückten Tränen bringt.

Jose hat seine Baseball-Karten dem Chef-Koch Edward (pfiffiger Lehrer: Laurence Fishburne, bekannt aus "Mystic River") für seine guten Ratschläge geschenkt. Timmons kassiert für seinen Verrat von Ebbers einen saftigen Kinnhaken und den fristlosen Rauswurf. Jimmy und Cooper schmeißen im LSD-Rausch die Möbel aus dem Hotelzimmer und ruinieren den Tennisplatz. Samantha hat ihre schwarzen Schuhe bekommen, auf denen sie zwar nicht gehen kann, die aber toll aussehen. Virginia Fallon tritt nur leicht schwankend auf die Bühne. Ihr Ehemann Tim hat inzwischen die Schnauze endgültig voll und packt derweilen die Koffer und verlässt sie, mit dem Hund unter dem Arm. Diane und William geben sich ganz allein in der Kapelle das Ja-Wort, weil ihre Eltern William für einen Verräter halten, der sich mit dieser Heirat nur vor Vietnam drücken will. Dwayne und Wade erfahren die wunderbare Nachricht, dass Kennedy in Kalifornien in allen Wahlkreisen gesiegt hat. Lenka bringt Wade mit ihrer Hartnäckigkeit so weit, dass er ihr ein Interview mit Bobby Kennedy nach der Rede zugesteht. Angela begibt sich mit ihrer Freundin Patricia ebenfalls zum Empfang, weil das ja die Vorteile sind, wenn man ein Verhältnis mit dem Chef hat – auch wenn das jetzt beendet ist.

Miriam und Ebbers versuchen für die Zeit des Kennedy-Empfangs den Schein zu wahren. Der Hippie-Dealer verkauft gerade seine Drogen an die falschen Leute, die ihn sofort verhaften. Und auch Jorge versucht einen Blick auf Kennedy zu erhaschen, der gerade mit seinem Gefolge eintrifft. Der alte Casey steht zufälligerweise in diesem Augenblick an der Tür und begrüßt Kennedy so, als ob er noch in Amt und Würden wäre. Umjubelt besteigt Kennedy das Podest und hält eine wunderbare Rede bei der er seinen frenetisch klatschenden Anhängern mitteilt, sich um das Präsidentenamt bewerben zu wollen. Als er sich am 5. Juni um 0:15 Uhr durch die Küche des Ambassador-Hotels zum Ausgang begeben will, tritt ein junger Mann namens Sirhan B. Sirhan vor und schießt auf ihn. Kennedy fällt schwer getroffen zu Boden. Im Laufe des anschließenden Handgemenges werden noch fünf weitere Personen verletzt. Sie überleben. Robert F. Kennedy, der Hoffnungsträger der Nation und der Welt, stirbt am 6. Juni 1968 mit nur 42 Jahren im Good Samaritan Hospital in Los Angeles an den Folgen des Attentats.

Kritik

Emilio Estevez hat einen erschütternden Film über Robert F. Kennedy gedreht – obwohl Kennedy nur in Originalfernseh- und Filmausschnitten zu sehen ist. Es gibt keinen Schauspieler, der ihn verkörpert. Bis zum Schluss, bis zum Eintreffen im Ambassador Hotel, ist Kennedy nie in Persona anwesend – und doch ist er ständig präsent. Denn auf irgendeine Art und Weise bestimmt er bei jedem dieser 22 Menschen, die Estevez in dem Mittelpunkt seines Films "Bobby" gerückt hat, deren Leben, deren Meinung, deren Hoffnungen, Wünsche, Träume. Die Mexikaner und Schwarzen in der Küche hoffen, dass Kennedy sie aus ihrem Getto-Dasein erlöst. Diane und William hoffen, dass Kennedy endlich diesen unsäglichen Vietnam-Krieg beendet. Die Demokraten Ebbers und seine Frau Miriam, Jack Stevens und seine Frau Samantha, hoffen auf den Sieg der Demokratie. Die Tschechoslowakin Lenka hofft, dass Kennedy den liberalen Wandel im Ostblock unterstützen wird. Angela und Patricia hoffen – ganz profan – dass sie auf Kennedys Wahlparty einen neuen Mann kennenlernen. Die Wahlhelfer Dwayne und Wade hoffen bei einem Wahlsieg, lukrative Posten in der Regierung zu bekommen. Robert F. Kennedy war die Hoffnung Amerikas und der ganzen Welt. Aber nach seinem Bruder John F. Kennedy und Martin Luther King hatte ein Mörder auch diesen Hoffnungsträger aus der Welt geschafft.

Wer weiß, wo oder wie Amerika heute stände, wenn Bobby Kennedy Präsident geworden wäre. Emilio Estevez, dem Sohn von Martin Sheen, ist mit diesem Film ein kleines Meisterwerk gelungen. Zum einen hat er das Wunder vollbracht, einen Film über "Bobby" Kennedy zu machen, der das politische Wirken und die immer noch und immer wieder grandiosen Reden dieses Vollblut-Demokraten in voller Länge dem Zuschauer übermitteln, ohne Kennedy selbst durch einen Schauspieler verkörpern zu lassen. Dabei geht er sehr geschickt vor: in jedem Fernseher sind Original-Berichte aus dieser Zeit zu sehen, in jeder Zeitung ist etwas zu lesen, in jedem Radio etwas zu hören. Die Rede im Ambassador Hotel ist das Original in Bild und Ton. Und während der schrecklichen und chaotischen Szenen nach dem Attentat, während sich die Verletzten in ihrem Blut wälzen und die anderen hilflos herumirren, läuft im Off eine der beeindruckendsten und bewegendsten Reden ab, die Kennedy je gehalten hat, und die heute noch die gleiche Gültigkeit hat wie damals.
Und das zweite Wunder, das Estevez vollbracht hat ist, dass er nach langem Suchen und großer Hartnäckigkeit tatsächlich Leute gefunden, die bereit waren ihr Geld in diesen Film zu setzen. Selbstverständlich wurde der Film an den Originalschauplätzen gedreht, selbstverständlich wurde größte Sorgfalt auf alle Details in Bezug auf Kostüme, Frisuren Mobiliar, etc. gelegt. Und selbstverständlich hört man im Film "Bobby" auch die Hits des Jahres 1968.

Fazit
Der Film "Bobby" ist eine wunderbare und beeindruckende Mischung aus Spielfilm und Dokumentation. Für alle, die wie ich damals die Zeit der Hoffnung und die anschließende Trauer und das Entsetzen über dieses abermalige Attentat auf einen amerikanischen Demokraten miterlebt haben, wird dieser hervorragend gemachte Film "Bobby" die entsetzte Betroffenheit, den grausamen Schock und die bittere Enttäuschung wieder aufwühlen. In mir stieg jedenfalls wieder diese unendliche Trauer hoch, die ich bei der Todesnachricht empfand. Für diejenigen, für die Robert F. Kennedy nur ein Name in den Geschichtsbüchern ist, wird sich die Figur vielleicht nach diesem Film mit Leben erfüllen und sie werden verstehen, was dieser Politiker wollte und für was er stand, und warum er immer noch verehrt wird. Hervorragende Schauspieler in einem hervorragenden Film von einem hervorragenden Regisseur und Drehbuchautor. Sehenswert!
Filmkritik: Julia Edenhofer
Wertung: 80 %


Alternativtitel: Bobby – Der letzte Tag von Robert F. Kennedy
Land: USA
Jahr: 2006
Laufzeit ca.: 117
Genre: DramaHistorie
Verleih: Kinowelt
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren

Kinostart: 08.03.2007
Heimkino: 06.10.2007

Regie: Emilio Estevez
Drehbuch: Emilio Estevez

Schauspieler: Harry Belafonte (Nelson) • Joy Bryant (Patricia) • Nick Cannon (Dwayne) • Emilio Estevez (Tim) • Laurence Fishburne (Edward) • Brian Geraghty (Jimmy) • Heather Graham (Angela) • Anthony Hopkins (John) • Helen Hunt (Samantha) • Joshua Jackson (Wade) • David Krumholtz (Agent Phil) • Ashton Kutcher (Fisher) • Shia LaBeouf (Cooper) • Lindsay Lohan (Diane) • William H. Macy (Paul) • Svetlana Metkina (Lenka) • Demi Moore (Virginia) • Freddy Rodríguez (Jose) • Martin Sheen (Jack) • Christian Slater (Daryl) • Sharon Stone (Miriam Ebbers) • Jacob Vargas (Miguel) • Mary Elizabeth Winstead (Susan) • Elijah Wood (William)

Produktion: Edward Bass • Michel Litvak • Holly Wiersma
Szenenbild: Patti Podesta
Kostümbild: Julie Weiss
Maskenbild: Donna J. Anderson • Yuko T. Koach • Tracy Manzo • Vivian Maxwell • Denise Paulson • Christina Smith • Kimberley Spiteri • Alexis Walker
Kamera: Michael Barrett
Musik: Mark Isham
Schnitt: Richard Chew

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Bild: Kinowelt

1 customer review

gut
08.03.07
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